Ärztliche Praxis - das online-Magazin für Arzt und Patient vom 14.10.2003
Am 19. Oktober erhebt der Papst Mutter Teresa zur Ehre der Altäre
Mutter Teresas Wunder
von Alexa Fuchswinkel (Quelle: www.aerztliche-praxis.de)
„Selig die Barmherzigen“, schreibt der Evangelist Matthäus, „denn sie werden Erbarmen erlangen.“ Mutter Teresa, dem barmherzigen „Engel der Armen“, wird allerdings mehr zuteil als Erbarmen: Am nächsten Sonntag wird der Papst die Ordensgründerin in den Stand der Seligkeit erheben.
Vor der Seligsprechung hat die katholische Kirche zwei Hürden errichtet, die es zu überwinden gilt. Zum einen muss der Kandidat oder die Kandidatin nach dem Tod ein Wunder gewirkt haben. Ein solches Wunder hat Mutter Teresa laut Radio Vatikan 1998 – ein Jahr nach ihrem Tod in Kalkutta – an einer jungen indischen Mutter vollbracht, die an Tuberkulose und Krebs erkrankt war. Nachdem sich die Frau ein Amulett mit dem Bild Teresas auf die Brust gelegt hatte, soll sie am nächsten Tag frei von Symptomen gewesen sein.
Zum anderen muss sich die Lebensführung der angehenden Seligen durch einen heroischen Tugendgrad ausgezeichnet haben. Dies Mutter Teresa zuzugestehen, mag selbst denjenigen nicht schwer fallen, die generell an Wundern zweifeln. Erst recht aber äußern jene ihre Hochachtung, die persönlich erlebt haben, wie sich die aus Mazedonien stammende Ordensfrau und Friedensnobelpreisträgerin in Indien um Arme und Kranke gekümmert hat – so auch Dr. Reinhard Erös.
Der deutsche Arzt hat 1981 in Kalkutta in einem Krankenhaus neben ihrem Hospiz gearbeitet. "Als trüge sie eine zentnerschwere Last auf ihren Schultern" „Sie war eine kleine, winzige Person, den Rücken gebeugt, als trüge sie eine zentnerschwere Last auf ihren Schultern“, erinnert sich Dr. Reinhard Erös gegenüber ÄRZTLICHE PRAXIS. „Schon bei unserem ersten Treffen strahlte Teresa eine wohltuende, geradezu betäubende Ruhe und Gelassenheit aus. Sie
erweckte in mir das Gefühl, als ob wir uns seit Jahren kennen würden.“
An seinen freien Wochenenden unterst ützte Erös Mutter Teresa bei ihrer Arbeit im Hospiz. „Jeden Morgen brachten Nonnen auf Schubkarren ausgemergelte, von Eiter übersäte Wesen ins Sterbehaus“, erzählt der Arzt. „Man sah ihnen oft gar nicht mehr an, dass es sich um Menschen handelte. “
Die Schwestern zogen den Armen die zerlumpten Kleider vom Leib, wuschen ihnen den Schmutz und Eiter vom Körper und fütterten sie. Sie setzten sich neben die Holzpritschen, hielten den Sterbenden die Hand und sprachen mit ihnen. Die meisten starben noch am selben Tag.
"Wenn Gott es will, sterben sie"
„Einmal habe ich Mutter Teresa gefragt, warum sie das alles tue“, erzählt Erös. Sie habe geantwortet: „Ich habe als kleines Kind im Religionsunterricht gelernt, jeder Mensch sei ein Kind und Ebenbild Gottes. Die Unschuldigen am Straßenrand sind alle Kinder Gottes. Sie sehen ihm aber nicht ähnlich. Deshalb waschen, kleiden und f üttern wir sie. Danach sehen sie ihm ähnlich, und wenn Gott es will, sterben sie. Aber als Kinder und Ebenbild Gottes.“
Die Erhebung Mutter Teresas zur Ehre der Altäre ist eines der schnellsten Seligsprechungs-Verfahren der Kirchengeschichte. Der Papst hat hierfür eigens eine Regelung außer Kraft gesetzt, wonach der Prozess zur Seligsprechung erst fünf Jahre nach dem Tod des Seligzusprechenden beginnen darf. Im Vatikan wird erwartet, dass Mutter Teresa später auch heilig gesprochen wird. Dazu freilich muss die selige Teresa noch ein weiteres Wunder wirken.
17.10.2003 http://www.aerztlichepraxis.de/db/printnews.cgi?news_id=1066134062
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