Kinderhilfe Afghanistan

Afghanistan

11.07.2003 Der Neue Tag

Ein Leben im "Dauerkrieg"

Dr. Reinhard und Annette Erös berichten über Situation der Menschen in Afghanistan

Tirschenreuth. (wg) Über 10000 Menschen bauen auf die Gaben der "Kinderhilfe Afghanistan". Ohne die Initiative, gegründet von Dr. Reinhard Erös, wäre ihre Lebenssituation dramatisch schlechter.

Denn die Kinderhilfe will durch Schulen nicht nur den Bildungsstand der Menschen in Afghanistan verbessern, auch Lebensmittel, Schuhe und Kleidung für die Familie werden verteilt. Die Arbeit seiner Organisation stellte der Gründer am Donnerstag bei einem Vortrag in der Grundschule vor.

Einblicke in fernes Land

In einem kurzweiligen Dia-Vortrag gab Dr. Erös gerade den jungen Zuhörern Einblicke in ein fernes Land. Der ehemalige Bundeswehrarzt brachte den Kommunionkindern das Land, die Leute, deren Mentalität und Kultur, besonders aber das Leben der Kinder nahe. Viele würden nichts anderes als die militärischen Auseinandersetzungen kennen, denn seit 25 Jahren herrsche "Dauerkrieg".

"Über eine Million Menschen wurde im Krieg getötet", schilderte der gebürtige Tirschenreuther. "Zehn Millionen Minen liegen noch immer herum und müssen entschärft werden." Über eine Million Kinder sei bereits durch Bomben und Minen verletzt und verstümmelt, tausende starben. Die Bundeswehr hätte rund 1000 Minenhunde ausgebildet, die die Suche und das Entschärfen erleichtern.

"Und noch immer gibt es Flüchtlingslager, zum Großteil im Grenzgebiet von Pakistan, in denen über sechs Millionen Menschen seit zum Teil 20 Jahren, seit ihrer Flucht, leben", berichtete Dr. Erös. Krankheiten und Hunger würden hier immer noch für zahlreiche Todesfälle sorgen.

"Die meisten der Menschen in Afghanistan sehen aus wie wir, haben die gleiche Hautfarbe", berichtete Dr. Erös weiter. Das Land sei doppelt so groß wie Deutschland, die große Wüste im Süden ist eine der heißesten der Welt: Derzeit würden Temperaturen von 52 Grad im Schatten verzeichnet - doch es gibt dort keinen Schatten.

30 verschiedene Sprachen

Zu Afghanistan gehören auch schneebedeckte Berge mit fast 8000 Metern Höhe. Im Land werden 30 verschiedene Sprachen gesprochen. Die Paschturen schilderte Dr. Erös als sesshaft, sehr konservativ und liebenswert. "Hier wird ein sehr toleranter Islam gelebt." Eine der wesentlichsten Eigenschaften der Menschen sei die Gastfreundschaft.

Vor 15 Jahren, während des Krieges, hat Dr. Erös dort begonnen zu arbeiten. Später hat er viele Jahre mit seiner Frau und den vier Kindern in Afghanistan gelebt. Es gab keine Krankenhäuser, versorgt wurden alte und arme Leute. Da zum Teil Jagd auf die Ärzte gemacht wurde, versteckten sich die Helfer in Höhlen in den Bergen, operiert wurde unter schwersten Bedingungen. Das Buch "Tee mit dem Teufel" von Annette Erös gibt einen Einblick in das Erlebte.

Erste Computerklasse

Neun von zehn Kindern können nicht zur Schule gehen - weil es keine entsprechenden Einrichtungen gibt. 1998 bauten die Eheleute die erste Schule mit Spendengeldern auf. Es war die erste Mädchenrealschule im Land und ist heute mit 4000 Schülerinnen die größte Einrichtung dieser Art. Vor einem Jahr wurde die erste Computerklasse Afghanistans - mit Spenden der Firma Conrad aus Hirschau - eingerichtet. Derzeit wird eine Photovoltaik-Anlage - mit Hilfe des gleichen Spenders - vorbereitet, um die Computer mit umweltfreundlichem Strom statt über Kompressoren zu versorgen.

"Erziehung zum Frieden"

In den bisher drei Schulen wird auch deutsch gelernt - für viele das spannendste Fach überhaupt. 600 Lehrerinnen werden nach den Ausführungen von Dr. Erös beschäftigt. "Die Erziehung zum Frieden spielt an unseren Schulen eine große Rolle, wir wollen den Kindern beibringen, den Frieden zu gestalten und friedlich zu leben." Rund 80000 Euro wurden inzwischen von Schülern aus Bayern für die Afghanistan-Kinderhilfe gespendet. "Vielleicht gibt es später einmal eine Patenschaft mit der Grundschule Tirschenreuth und man kann sich gegenseitig besuchen", blickte der Mediziner in die ferne Zukunft.

In zwei Wochen fliegt die Familie Erös wieder nach Afghanistan, um die Spendengelder sinnvoll einzusetzen. Doch auch Schuhe, gespendet von einer Tirschenreuther Firma, und Kleiderspenden wird er wieder im Gepäck haben - der nächste Winter kommt bestimmt, und in den Bergen hat es da oft 30 Grad minus. Im August wird eine weitere gemischte Dorfschule gebaut und zusammen mit dem UNICEF-Botschafter Sir Peter Ustinov eröffnet. 

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