|
Das hieß Arbeit im Kriegsgebiet
Zahlreiche Besucher beim Vortrag von Dr. Reinhard Erös - RK und KSK spendet |
Dingolfing. Afghanistan - ein Land der Terroristen, Warlords und Heroin-Mafia? Unter diesen Titel stellte Dr. Reinhard Erös, Oberstarzt der Bundeswehr a. D. seinen hochkarätigen Vortrag, zu dem die Reservistenkameradschaft und Krieger- und Soldatenkameradschaft Dingolfing am Freitagabend in den Bruckstadel einlud. Für das Projekt Kinderhilfe in Afghanistan überreichten die Vorstände ein Spende von 500 Euro. Eine große Anzahl an Besuchern folgte der Einladung der RK und KSK Dingolfing, denen es gelang Dr. Reinhard Erös, einen hervorragenden Referenten, wieder nach Dingolfing zu holen. In einem über zweistündigen Vortrag, mit Bilder visuell verdeutlicht, berichtete Dr. Erös über seine Arbeit als Mediziner, als Leiter zahlreicher Projekte, erzählte über seine Einsätze und stellte umfangreich das Land Afghanistan vor. Sozusagen einen Blick hinter die Kulissen gewährte Dr. Erös, veranschaulichte Zusammenhänge und erläuterte komplizierte politische Strukturen, die das Land prägen.
Hilfe nach Erdbeben in Pakistan
Einer seiner jüngsten Einsätze war im Oktober vergangenen Jahres in Pakistan, als das gewaltige Erdbeben mehrere Tausende Opfer forderte, viele Kinder unter sich begrub, etliche Kinder zu Vollwaisen und Familien obdachlos werden ließ. Die "Erde bebte, das Haus wackelte", bekam der Bundeswehrarzt das Erdbeben selbst mit, "es war klar, welche Dimension das hat" . Vor Ort bot sich ein Bild des Grauens, es musste hier geholfen werden, stand der Entschluss fest. Denn zudem nahte der Winter und die vielen obdachlosen Menschen drohten zu Erfrieren und zu Verhungern - es fehlte am allernotwendigsten, so Erös. "Ich hatte noch etwas Geld dabei", und so entschied die Kinderhilfe Afghanistan hier ihr Hauptquartier aufzuschlagen um Decken, Kleidung und Bargeld zum Wiederaufbau zu verteilen. Statt der windigen Zelte, die kaum Schutz im kalten Winter bieten und nicht beheizbar waren, wurden einfache aber zweckmäßige Fertighäuser aus Wellblech gekauft. "Diese konnte notfalls auch ein Mann alleine tragen und sie waren innerhalb von zwei Tagen bezugsfertig". Mehr als 50 Tonnen Hilfsgüter wurden an etwa 20 000 Menschen verteilt. Mithilfe der pakistanischen Armee arbeitete Dr. Erös in einer großen Organisation zusammen. Der Bundeswehrarzt verdeutlichte in seinem Vortrag aber zugleich die Problematik dieses Einsatzes, beispielsweise mit der Arbeit kubanischer Ärzte, die zur medizinischen Versorgung nach Pakistan gekommen sind, aber nur spanisch sprechen konnten. Ebenso forderte der Einsatz einen enormen logistischen Aufwand, die vielen Häuser und die Hilfsgüter in das bergige Erdbebengebiet zu bringen. Mit 1000 solcher Fertighäuser fanden über 10 000 Menschen eine Bleibe. Hoch gelobt wurde dabei von der Presse die gemeinsame Arbeit der Bundeswehr von Deutschland und Pakistan.
Kinderhilfe Afghanistan
Die Kinderhilfe Afghanistan ist eine private Initiative der Regensburger Familie Dr. med. Reinhard Erös und Annette Erös sowie ihrer fünf Kinder, die sich alle ehrenamtlich engagieren. Die Organisation wurde 1998 gegründet und unterstützt afghanische Kinder und Frauen in Pakistan und Afghanistan mit medizinischen und schulischen Einrichtungen.
Dr. Erös engagiert sich seit 1985 in und für Afghanistan. 1987 hatte er sich für mehrere Jahre von der Bundeswehr beurlauben lassen und lebte mit seiner Frau und seinen Söhnen bis 1990 in der afghanischen-pakistanischen Grenzstadt Peschawar. Der Bundeswehrarzt arbeitet als ärztlicher Leiter einer deutschen Hilfsorganisation im afghanischen Kriegsgebiet und musste unter schwierigen Bedingungen medizinische Versorgung der Verletzten leisten. In der Bergen von Tora Bora baute er sich in Afghanistan eine Höhlen-Klink auf, um als "illegal" praktizierender Arzt nicht entdeckt zu werden. Mit vielen Tonnen Hilfsmitteln auf Maultieren beladen und 50 bis 60 Mann im Einsatz war er oft Stunden unterwegs. Nicht selten stand man plötzlich vor reißenden Flüssen und musste diese Hindernisse überqueren. "Das hieß Arbeit im Kriegsgebiet". Die Höhlen für die medizinische Versorgung vorzubereiten, mit genügend Licht et cetera auszustatten war aufwändiger als die medizinische Arbeit selbst, erzählte Dr. Erös.
Viele Friedensschulen errichtet
Die medizinische Versorgung ist nur ein Teil der Tätigkeiten der Kinderhilfe Afghanistan, für die sich Dr. Reinhard Erös und seine Frau Annette engagieren. Ein Schwerpunkt der Arbeit der Kinderhilfe Afghanistan bilden auch die vielen Schulen, die im Laufe der Zeit entstanden. Annette Erös errichtete und leitete 1988 die "Europäische Schule Peschawar". Aus dieser Schule entstand zehn Jahre später, im Sommer 1998 die Friedensschule Peschawar, eine der besten Bildungseinrichtungen für afghanische Flüchtlingsmädchen in Pakistan.
In den vergangenen Jahren entstanden noch viele weitere Friedenschulen mehr in Afghanistan, die möbliert und mit Lernmittel ausgestattet wurden.
Zu den Projekten der Kinderhilfe Afghanistan gehörten neben den Friedensschulen die Computerschulen, zahlreiche Gesundheitsprojekte, Waisenhäuser, Kindergärten, Solarprojekte, Computer für Schüler und vieles mehr.
Die Kinderhilfe Afghanistan bezahlt den vielen Mitarbeitern ein regelmäßiges Gehalt, das Dr. Erös persönlich an die Lehrer, Ärzte, Bauarbeiter und viele mehr regelmäßig ausbezahlt, wenn er mehrmals im Jahr nach Afghanistan fliegt. Die Gehälter setzen sich aus Spendengeldern zusammen, die zu hundert Prozent dort ankommen. Auch die Organisation und Verwaltung der Kinderhilfe Afghanistan erfolgt vor Ort, sodass keinerlei Kosten hierfür entstehen.
Über unzählige viele Beispiele und Projekte konnte Dr. Erös in seinem Vortrag berichten, die die Kinderhilfe Afghanistan mit den Spenden auf die Beine gestellt hat. Zahlreiche Bilder gaben wider, wie die Projekte vielen tausenden Kindern und Jugendlichen Bildung, und damit eine Perspektive für die Zukunft geben.
Die Politische Lage in Afghanistan, den Einzug der Sowjets, der Taliban und was El Qaida mit Afghanistan zu tun hat, umriss der Arzt in seinem interessanten Vortrag. Zur Sprache kam auch der Wiederaufbau des vom Krieg gebeutelten Afghanistan sowie das "Geschäft" mit dem Opium-Anbau. Beeindruckt von dem umfangreichen Wissen nutzten die Besucher die Gelegenheit im Anschluss Fragen zu stellen.
Doch nicht mit leeren Händen verließ Dr. Erös Dingolfing. Er durfte von den Vorständen Franz Xaver Wojatzki und Georg Fuchs im Namen der RK und KSK zum Abschluss eine Spende für die Kinderhilfe Afghanistan von 500 Euro entgegennehmen.
Dagmar Korpanty
|
|