Kinderhilfe Afghanistan

Afghanistan

Süddeutsche vom 19.4.2002

Solidarität mit den Mädchen am Hindukusch

45000 Euro für die Bildung: Bayerische Schüler unterstützen den Verein „Kinderhilfe Afghanistan“

Von Christian Mayer

Afghanistan ist verdammt weit weg, vom Wilhelm-Hausenstein- Gymnasium aus betrachtet. Auch wenn jeder ein paar Fernsehbilder im Kopf hat: staubige Straßen, zerbombte Landstriche, Ruinen in Kabul. Das war meist alles, was die Bogenhausener Schüler bisher wussten. Nach dem 11. September gab es Diskussionen über den Anti-Terror-Krieg der USA, „aber über das Land selbst wurde nicht groß gesprochen“, sagt Anne Schmidt aus der 11d.

Trotz der kulturellen und geografischen Distanz haben die Gymnasiasten seit kurzem ein neues Bild vom Land am Hindukusch. Das liegt am Bundeswehrarzt Reinhard Erös. Als die Schüler im Dezember diskutierten, welches soziale Projekt sie unterstützen sollten, kam einer auf die Idee: Wir sammeln für Erös’ Verein „Kinderhilfe Afghanistan“. „Wir fanden es schön, eine Schule zu unterstützen“, sagt Anne. Der Weihnachtsbasar brachte 2100 Euro: ein scheinbar kleiner Betrag, in Afghanistan aber eine beträchtliche Summe. Eine Lehrerin verdient dort 30 bis 50 Euro im Monat.

Jetzt können die Schüler von der Ferne aus verfolgen, was mit ihrem Geld passiert. Erös und seine Helfer haben eine Schule in der ostafghanischen Stadt Jalalabad gebaut. „Der Betrieb kostet 45000 Euro im Jahr. Das Tolle ist, dass 40 Schulen aus Bayern für alles aufkommen“, so der 53-jährige Oberpfälzer. Spitzenreiter im Spenden ist die Kastulus-Realschule in Moosburg an der Isar, die 5000 Euro aufgetrieben hat. „Bei uns hat fast jeder was gegeben. Es ist wichtig, sich für andere Menschen einzusetzen“, sagt Schülersprecherin Lisa Janovsky.

Nach Jahren der bildungsfeindlichen Taliban-Herrschaft können nun etwa 2000 Mädchen wieder lesen und schreiben lernen. Oder die deutsche Sprache, denn eine der 70 Lehrerinnen studierte in der DDR. Auch „Friedenskunde“ wird angeboten – für das Land, in dem es mehr Gewehre als Bücher gibt, ein Schritt hin zur Normalität. Leider hat das Erdbeben im März beträchtlichen Schaden angerichtet. Die zerbrochenen Fensterscheiben wurden aber rasch ersetzt, das Treppenhaus renoviert. Im Mai will der vom BR zum „Bayern des Jahres 2001“ gekürte Erös in die Bergregion von Tora Bora reisen, die in den vergangenen Monaten besonders gebeutelt wurde. Dort will er eine weitere Schule für 600 Mädchen eröffnen, wenn die Spenden ausreichen.

Die deutschen Schüler sind immer wieder fasziniert, wenn der Arzt einen seiner Vorträge hält und von seinen Begegnungen mit Paschtunen-Führern berichtet, zu denen er freundschaftliche Kontakte pflegt. Oder wenn Erös, der mit seiner Frau Annette 1998 schon eine Schule im pakistanischen Peshawar gründete, den Alltag der Kinder in Jalalabad schildert. Bildung ist dort ein unschätzbares Gut. Bis zu zehn Kilometer legen die Mädchen aus ihren Dörfern zur Schule zurück, ihre kleinen Brüder im Schlepptau. Zwei Stunden hin, zwei Stunden zurück. Das macht Eindruck bei den Kids in Bogenhausen. Die Mädchen in Jalalabad wiederum sind beeindruckt, wenn sie erfahren, wer das alles finanziert: „Deine Schulbank haben bayerische Schüler gestiftet. Pass’ gut darauf auf!“

                                                                                                                                                        

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